Teil 2
Wir wollten es bei unserem ersten Müritz-Urlaub ruhig angehen
lassen, deshalb hatte ich mit Hilfe nautischer Literatur
und Kartenmaterial folgenden Törn vorbereitet: Erst mal
ein kurzer Schlag nach Röbel mit seinen schilfgedeckten
Bootshäusern, um Schiff und Mannschaft aneinander zu gewöhnen,
danach sollte es nach Waren quer über den See gehen, zurück
am Ostufer (Naturschutzgebiet, anlegen verboten) zum Bolter
Kanal; danach in die Nebelgewässer, die laut Reiseführer
einsame Natur pur versprachen. Also Leinen los, auf geht´s ! Die B9 läuft gut, 9m Länge und der flache Jollenrumpf bringt anständig Geschwindigkeit. Das Wetter scheint sich zu verschlechtern, aber wir haben ja nur ein paar Kilometer (nicht Meilen, wir sind auf einer Binnenwasserstaße) bis zu unserem Liegeplatz beim Röbler Seglerverein. Bis wir schließlich ankommen, hat der Wind untypisch auf SO gedreht und es pfeift ganz schön. Unter Motor laufen wir die unbekannte Hafenanlage an. An dem zuerst ausgesuchten Liegeplatz steht mir aber doch zuviel Schwell, also umdrehen und einen ruhigeren Platz suchen - gesagt, getan - und schon stirbt der Außenborder! Alarm an Bord, zurück in die zuvor verschmähte Lücke! Eine Bö beschleunigt uns noch mal so richtig. Während die eine Hälfte der in jedem Hafen vorhandenen Zuschauer erschreckt zur Seite springt und die andere Hälfte herbeieilt, um uns von Nachbarschiffen und Uferbefestigung abzuhalten, gelingt mir wieder einmal ein sehenswertes Anlegemanöver.
Am Morgen lacht die Sonne wieder! Wir auch, denn der Bäcker sorgt mit seinem Verkaufswagen, frischen Brötchen und Blechkuchen für das leibliche Wohl der segelnden Gäste.
Nach dem Frühstück bleibt uns noch Zeit für eine
kleine Stadtbesichtigung, den Kirchturm sollte man unbedingt
besteigen, die Aussicht ist phantastisch. Der Wind hat wieder auf Nordwest gedreht, günstig für unseren Kurs nach Waren. Eine Bö legt uns mal kurz auf die Seite, dabei zeigt unser alter Jollenkreuzer, daß er durchaus seinen eigenen Willen hat: Bevor die Schräglage kritisch wird, schießt er in den Wind, egal was der Steuermann an der Pinne macht. Etwas ungewohnt, wenn man bisher hauptsächlich Kielboote gesegelt hat, aber auch ein Sicherheitsfaktor. Man muß sich bestimmt anstrengen, um so ein Schiff kentern zu lassen. Bei unserer Ankunft in Waren springt Sohn Christian bei einem ansonsten völlig ruhigen und unspektakulären Anlegemanöver mit dem Festmacher in der Hand über den schmalen Quersteg hinaus ins Wasser des Stadthafens. Wir geben uns wirklich alle Mühe, um den "Sehleuten" was zu bieten. :-) Es fängt an zu nieseln, der richtige Augenblick für einen empfehlenswerten Besuch im Naturkundemuseum.
Beim Abendessen gehen die Meinungen auseinander. Die Jugend will
Pizza, ich einheimische Kost, d.h. Sauerfleisch mit Bratkartoffeln.
Bei einem Italiener steht beides auf der Speisekarte, ich bin
zwar mißtrauisch, werde aber mit der größten
Portion meines Lebens überrascht. Nur mit Mühe schaffe
ich es zurück an Bord. Morgen geht es in Richtung Natur total,
ohne Sportboothäfen und Versorgung am Steg. Was soll´s,
ich fühle mich satt für die nächsten drei Tage.
Ein herrlich ruhiger Abend, der Wind pfeift in den Bäumen, von der 50 Meter entfernten Müritz hört man die Wellen ans Ufer rauschen und wir liegen abgedeckt von Böschung und Bäumen auf völlig stillem Wasser. Tobias hat seine Angel fertig gemacht, ein Eisvogel sitzt im Gebüsch und Schwäne kommen uns besuchen.
Morgen wollen wir die große Müritz verlassen und in
die kleinen Nebelgewässer. Das heißt für uns:
Unter einer Brücke durch, deshalb ist zum ersten Mal Mastlegen
angesagt. ![]()
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